Thomas Weber mit dem Goldenen Kranz vom Eidgenössischen 2015. sb
15.11.2023 09:30
Vereinsauflösung schmerzt
Kurz vor dem 90-jährigen Jubiläum lösen sich die Sportschützen Wagenhausen-Stein am Rhein auf
Nächstes Jahr gibt es noch eine Vereinsreise mit den verbliebenen Mitgliedern und Ehemaligen. Dann ist Schluss im roten Backsteinbau am Ortsausgang von Wagenhausen. Der Schützenverein löst sich auf.
Wagenhausen/Stein am Rhein Da kommt schon ein wehmütiges Gefühl auf. Wer dem Schützenhaus in diesen Tagen einen Besuch abstattet, kann überall Zeichen aus besseren Tagen entdecken. An den Wänden hängen etliche Trophäen. Wie der Goldene Kranz vom Eidgenössischen Schiessen in Wallis 2015. «Der wird als Andenken an ein besonderes Mitglied verschenkt», sagt Präsident Thomas Weber. An wen, das möchte er nicht verraten. Sich selbst hat er auch eine Kleinigkeit auf die Seite gelegt: Eine Fotocollage der Vereinsmitglieder auf Reisen. Dieser Erinnerung will er behalten. Ansonsten kann alles raus: Pokale, Medaillen, Fensterschmuck. Vielleicht werden Sammler hier fündig.
Tische, Stühle, Whiskyflaschen
«Lättegrüebli» haben die Sportschützen ihr Vereinsheim einst getauft. Auf dem ebenfalls mit roten Backsteinen gemauerten Tresen liegen noch zwei Tabletts. Flaschen mit diversen Alkoholika stehen im Schrank. Und in der Schublade liegen Küchenutensilien. «Im Grunde ist alles zu verkaufen», kündigt Thomas Weber den Flohmarkt am 18. November an. Und mit einem Grinsen: «Sogar die Schnapsflaschen.» Das gesamte Inventar der Schützenstube kommt unter den Hammer. Küchenzeile mit Boiler, Schränke, Tische, Stühle. Der Verein veräussert ebenso die Objekte aus dem Schiessstand. Da sind Biertischgarnituren in der Ecke gestapelt. Historische Holzbänke, auf denen einst Publikum Platz genommen hat. Podeste, auf denen sich die Gewehrschützen in Position brachten. Vom Schraubenzieher über den Nassstaubsauger bis zur Gartenschaufel lässt sich Nützliches finden. Der Erlös kommt in die Vereinskasse. Denn eine letzte Reise steht noch auf dem Programm. Wohin die geht, steht noch nicht fest. Eines ist klar: Sie wird bittersüss. Denn eine Vereinsauflösung, die lässt einen nicht kalt. «Es tut weh», gesteht der Präsident und öffnet die hölzernen Läden. Der Blick geht raus auf die Zielscheiben. Die elektronische Schiessanlage haben die Mitglieder selbst gebaut. Ein Fotobuch auf dem Tresen zeugt von der Anstrengung. Männer blicken lachende in die Kamera. Viele von ihnen sind mittlerweile verstorben. Seit 28 Jahren ist Thomas Weber Mitglied. Er kam vom FC Stein am Rhein, weil die Knie nicht mehr mitmachten. Als man die Scheiben noch manuell ziehen musste.
Erinnerung an bessere Zeiten
Früher, da war noch was los im «Lättegrüebli». Da wurde nach dem Training zusammen gefeiert. Da gab es noch kein Rauchverbot. Wenn der Verein auswärtige Anlässe besuchte, waren alle Mitglieder mit von der Partie. Die Vereinsauflösung kam indes nicht Knall auf Fall: 2016 waren es noch 20 Personen, die am Jahresprogramm teilnahmen. Dieses Jahr lediglich 4. Der Älteste 79 Jahre alt, der Jüngste 65. «Wir haben es verpasst, Nachwuchs auszubilden, der bleibt», sagt Weber selbstkritisch. Kaum erwachsen, ziehen die meisten weg. Und er fügt melancholisch an: «Mir hat die Kameradschaft immer mehr bedeutet als die Resultate beim Schiessen.» Dann schliesst er die Läden wieder. Was nun mit dem Schützenhaus passiert, wird sich weisen. Der Verein hat es in den 60er Jahren im Baurecht erstellt. Das markante Gebäude geht nun an die Gemeinde zurück.
Von Stefan Böker
Alles muss raus
Das gesamte Inventar wird verkauft. Dazu findet am Samstag, 18. November, von 11 bis 15 Uhr vor Ort im Schützenhaus hinter dem Minigolfplatz ein Flohmarkt statt. Es gilt das Bieterprinzip: Wer am meisten zahlt, bekommt den Zuschlag.