«Saisonnier-Kinder» der Gemüsebauern
Weiteres Provisorium geplant
Diessenhofen braucht mehr Schulraum. So auch im Kindergarten. Das Baugesuch für ein Provisorium liegt auf. Der Grund für den Platzmangel ist überraschend.
Diessenhofen braucht mehr Schulraum. So auch im Kindergarten. Das Baugesuch für ein Provisorium liegt auf. Der Grund für den Platzmangel ist überraschend.
Diessenhofen Der Nachwuchs in der Stadt nimmt zu. Das Bedürfnis nach mehr Schulraum ist seit Jahren ein Thema. Die Primarschülerinnen und Primarschüler haben es sich seit zwei Jahren in Baucontainern «gemütlich» gemacht. Es fühle sich an wie in einem Schullager, hört Schulpräsident der Volksschulgemeinden Region Diessenhofen, Hans Rudolf Stör, die Kinder sagen.«Es ist natürlich enger als in einem Klassenzimmer. In den Garderoben hat es weniger Platz als im Schulhaus und die Einrichtung ist eher spartanisch.» Ein «Gejammere» hat er noch nie vernommen. Ebenfalls erreichten ihn keine negativen Feedbacks seitens der Eltern – und wenn auch: «Die Kinder gehen hier zu Schule, nicht die Eltern.» Kinder bleiben in der Stadt Das neue Schulhaus ist in Planung, bezugsbereit soll es Mitte 2025 sein. Im Kindergarten wird es ebenfalls eng. Aktuell liegt das Baugesuch für weitere Container in der Stadtverwaltung auf. In den nächsten fünf Jahren soll ein neuer Chindi entstehen. Doch eins nach dem anderen, sagt Stör. Das Budget ist auch in Diessenhofen endlich und das provisorische «Containerdorf» wird akzeptiert. Die Kinder in einen Kindergarten einer Nachbargemeinde zu «schicken», kommt für die Volksschulgemeinde nicht in Frage. Auch wenn es rechtlich möglich wäre. «Alle Kinder sollen die Möglichkeit haben, im Ort den Chindi oder die Schule zu besuchen.»
Ob Neubausiedlungen zum Anstieg der Schülerzahlen beitragen, fragen wir. «Mitunter», so Stör. Ein weiterer Grund sei der Gemüseanbau in Diessenhofen. Seit vielerorts über den Winter Treibhäuser im Einsatz stehen, bleiben die einstigen Saisonarbeiter in Diessenhofen. Einst durften die Saisonniers neun Monate in der Schweiz bleiben, die Kinder jeweils drei Monate. Während der Abwesenheit der Eltern lebten die Kinder im Heimatland bei den Grosseltern oder in Heimen, recherchierten Historiker. Sie gehen davon aus, dass 500'000 Minderjährige während des geltenden Gesetzes von der Trennung der Eltern betroffen waren. Doch nicht alle hielten sich an dieses: Forschungen ergaben, dass zwischen 1949 und 1975 50'000 Saisonnier-Kinder versteckt in der Schweiz lebten. Sogenannte «Schrankkinder». 2002 wurde das Gesetz abgeschafft. Ihre Familien dürfen nachkommen. Die Kinder der Mitarbeitenden - meist aus dem Osten sind schulpflichtig.
«Vor dem Eintritt in den Chindi gehen die fremdsprachigen Kinder in die Spielgruppe, um Deutsch zu lernen», so der Schulpräsident. Das Programm wurde kantonal beschlossen und ist obligatorisch. Auch hier kommt somit ein Mehraufwand respektive Kosten auf die Volksschulgemeinde zu. Ob der Zuwachs der «Gemüsebauern-Kinder» beim Steuerzahler goutiert wird, nimmt uns wunder. «Absolut, wir haben keinerlei Beschwerden aus der Bevölkerung erfahren.»
Von Desirée Müller
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