EKT und EKZ gründen gemeinsam die Wellenberg Wind AG.
25.04.2024 10:03
Thundorf soll Pioniergemeinde werden
Wellenberg Wind AG informiert
Vom Mindestabstand zu Wohngebäuden bis zum Fledermausschutz – Die Wellenberg Wind AG hat das redimensionierte Windenergie Projekt in Thundorf auf Herz und Nieren geprüft. Im November sollen die Stimmbürger über die drei geplanten Windkraftanlagen abstimmen.
Thundorf Das Elektrizitätswerk des Kantons Thurgaus (EKT) steht hinter dem Projekt. Dem war nicht immer so. «Der ersten Idee, bei der acht Windkraftwerke, teils nahe dem Grenzgebiet zu den Nachbargemeinden, geplant waren, standen wir sehr kritisch gegenüber», so Peter Schütz, Verwaltungsratspräsident der EKT sowie der neu gegründeten Wellenberg Wind AG. So auch die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger welche im April 2023 an der ausserordentlichen Gemeindeversammlung nein zum Projekt sagten. Ein Mindestabstand zu bewohnten Gebäuden von 850 Meter wurde vom Volk gefordert, und nun im neuen Konzept angepasst.
EKT und EKZ gründen Wellenberg Wind AG
Die vom Kanton definierte Bauzone wurde demensprechend massiv reduziert und statt acht, wären nun nur drei Windkraftanlagen realisierbar. «Die überarbeitete Version überzeugt uns und so haben wir uns als EKT gemeinsam mit den EKZ zu jeweils 50 Prozent an der Wellenberg Wind AG beteiligt», so Peter Schütz. Als alleiniger Kompetenzpartner sieht sich das EKT aber nicht: «Mit den Elektrizitätswerken Zürich haben wir ein Partner an der Seite, der das nötige Know How mitbringt», sagt Schütz. Auch der Thundorfer Gemeinderat steht hinter dem Windprojekt und stellt sich geschlossen dahinter. «Alle Forderungen der Bürgerinnen und Bürger konnten beim redimensionierten Projekt eingehalten werden», so Gemeindepräsident Daniel Kirchmeier. «So sollte der Verein Lebensqualität Wellenberg keine Einwände mehr haben und dem Projekt positiv gegenüberstehen», ist Kirchmeiner überzeugt. Kritiker und Gegner werde es aber immer gehen, zeigt sich Peter Schütz realistisch. 6000 Haushalte respektive etwa 24'000 Personen könnten nach der Betriebsaufnahme der drei Anlagen mit Strom versorgt werden. Die Investition von 30 bis 40 Millionen Franken ist nicht ohne – doch Schütz erklärt deutlich, dass das Projekt nicht ein Tropfen auf den heissen Stein ist, sondern Teil ihres klaren Auftrags sei: die Versorgungssicherheit im Kanton zu gewährleisten mit Blick auf die Energiestrategie 2050 des Bundes. Unvermeidbar wird der Stromverbrauch in den nächsten Jahren steigen. Wärmepumpen statt Ölheizungen, e-Mobile statt Benziner. Er spricht von Winterlücken, die immer mehr Sorgen bereitet. «In den Sommermonaten haben wir eine Überproduktion und können den Strom exportieren. Doch im Herbst und Winter können wir nicht genug eigenen Strom produzieren.» Er zeigt auf, dass der aktuelle Schweizer Jahresverbrauch bei knapp 63 Terrawatt liegt und eben so viel produziert wird. 2050 sehe es anders aus. Kaum Investitionen in Erneuerbare Energien, happige Bewilligungsverfahren und das Ablaufdatum der Kernkraftwerke haben Konsequenzen: «Der Verbrauch wird bei zirka 86 Terrawatt liegen und produziert wird noch 36 Terrawatt. Somit werden wir eine Lücke von 50.6 Terrawatt haben.» Daher sei Handeln notwendig. Obwohl das Wellenberg-Projekt aktuell das einzig geplante seiner Art ist, könnte es als «Vorzeigemodell» für andere Thurgauer Gemeinden agieren. «Man könnte sich vor Ort ein Bild solch einer Anlage machen und viele Bedenken wie Lärmemission von Anfang an vermeiden.»
Betroffene werden belohnt
7.5 Prozent des Jahresumsatzes will die Wellenberg Wind AG künftig Direktbetroffenen auszahlen. Und das gesichert die nächsten 25 Jahren. Schütz rechnet mit einer Viertelmillion Franken, die jährlich jeweils zu 2.5 Prozent direkt als Solidaritätsbeitrag an die Gemeinde Thundorf übertragen werden, an die Grundeigentümer der Anlagestandorte sowie weiterer benutzter Flächen ausbezahlt werden und in einen Fonds für Thundorf und die Nachbargemeinde Hüttlingen fliessen. Letztes soll für der Allgemeinheit dienliche Projekte verwendet werden. «Dazu wird das lokale Gewerbe bei den Bauarbeiten sowie der Instandhaltung berücksichtigt. Und mit Thundorf als Firmensitz bezahlt die Wellenberg Wind AG ihre Steuern in der Gemeinde», erklärt Peter Schütz.
Alfredo Scherngell verdeutlicht, was für eine Arbeit bereits in das Projekt gesteckt wurde. Erstellte Statistiken zur Verkehrsführung, Feldforschung mit Tier- und Naturschutzbeauftragten oder fix fertige Kompensationskonzepte für benutzte Acker- und Fruchtfolgeflächen – Die Projektleitenden haben offensichtlich keine Mühe gespart, um der Bevölkerung ein Projekt vorzustellen, das Hieb und Stichfest ist. «Dass es ein Eingriff in die Natur ist, lässt sich nicht schönreden», so Scherngell ehrlich. Doch sogar für die zu erwartende Zahl an verendeten Vögeln durch die Rotatorenblätter der Windkraftanlagen gibt es ein Ausgleichskonzept. Die zu rodende Fläche entspricht nur der Grösse eines Fussballfeldes – die Aufforstung wäre eins zu eins gewährleistet. Die Eidgenössische Natur- und Heimatschutzkommission habe das Projekt abschliessend als «leichte Beeinträchtigung» für die Umwelt eingestuft, das Vorgängerprojekt als «sehr stark». Die Schaltanlage wird dazu nicht grösser als ein Einfamilienhaus sein und am Standort der Holzschnitzanlage der Bürgergemeinde im Wald gebaut. Sogar mit der gleichen Holzverkleidung, um sich ins Landschaftsbild zu integrieren. 2000 Transporte wird es während dem zweijährigen Bauprozess geben, was gerade mal ein Prozent des Gesamtverkehrs ausmacht, so Alfredo Scherngell weiter. Gebaut wird hauptsächlich nur am Tag, punktuell könne es Beeinträchtigungen in der Nacht geben, doch diese Ausnahmen seien selten.
Ab dem 25. April bis Samstag ist das Infoforum im Gemeindesaal der Primarschule Thundorf für die Öffentlichkeit zugänglich. Detaillierte Informationen zum Projekt sind auf grossen Plakaten veranschaulicht worden. Vom 9. Bis 28. August wird das Projekt öffentlich aufgelegt, anschliessend werden allfällige Einsprachen behandelt und die Einspracheentscheidung vor der Abstimmung am 24. November versendet. Nach zehn Jahren und bereits zwei Millionen Franken an Investitionen hoffen die Projektpartner, dass ab 2028 erneuerbare Energie in Thundorf produziert wird.
Von Desirée Müller